Hochschule Karlsruhe Hochschule Karlsruhe - University of Applied Sciences
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Gemeinschaftliche Nutzung der Dachflächen – „StadtErle“ Basel 2019

FageWo

Familien in gemeinschaftlichen Wohnformen (FageWo)

Ausgangslage

Gemeinschaftliche Wohnformen sind Ausdruck der Bewältigung vielfältiger gesellschaftlicher Herausforderungen und der praktischen Suche nach experimentierfreudigen und innovativen Lösungen. Sie gewinnen an Bedeutung und umfassen mittlerweile ein weites Spektrum unterschiedlicher Ausprägungen. Gemeinsam ist diesen Wohnformen das Zusammenspiel von zumeist abgeschlossenen Wohnräumen mit Gemeinschaftsbereichen, wie auch eine weitreichende Selbstbeteiligung und Selbstorganisation des sozialen Miteinanders.

Gemeinschaftliche Wohnprojekte sind soziale Netzwerke und beruhen auf gegenseitiger Unterstützung. Neuere gemeinschaftliche Wohnprojekte öffnen sich zum Quartier bzw. zum lokalen Nahraum. Sie oszillieren zwischen lernendem Pragmatismus und vielfältigen gesellschaftspolitischen Visionen. Gerade aufgrund der wohnortnahen Unterstützung ist diese Wohnform insbesondere für Familien und Senioren*innen attraktiv.

Fragestellung

Die Forschung befasst sich mit gemeinschaftlichen Wohnformen für Familien im urbanen und ländlichen Kontext.
Folgende Forschungsthemen stehen im Fokus:

  • Bedarfe von Familien und Seniorinnen und Senioren
  • Familiale Lebensformen und deren Veränderungen im Lebenslauf
  • Räumliche und soziale Umsetzungen
  • Chancen und Belastungen des gemeinschaftlichen Lebens
  • Unterstützungsleistungen innerhalb und außerhalb der Wohnprojekte

Zielsetzung

Das Forschungsprojekt schafft Grundlagenwissen über die lebensweltlichen Bedingungen von Familien und Senior:innen in gemeinschaftlichen Wohnformen über die Verschränkung von sozial- und raumwissenschaftlicher Perspektive. Das Projekt hat familienbiographische und familienstrukturelle Veränderungen im Blick. Ein öffentlich zugänglicher Praxisleitfaden mit handlungsrelevanten Schlussfolgerungen wird anschließend Interessenten aus gemeinschaftlichen Wohnprojekten, aus der Wohnbauwirtschaft, den Kommunen und Bundesländern sowie weiteren Akteuren im Themenfeld zur Verfügung gestellt.

Methoden

Im Forschungsprojekt werden unterschiedliche methodische Ansätze gewählt und verschränkt.

Im raumwissenschaftlichen Teil stehen qualitative und quantitative Raumanalysen von zehn Fallstudien mit städtebaulichen Betrachtungen, Gebäude- und Grundrissanalysen im Zentrum. Über Experteninterviews werden zusätzlich spezifische Fragestellungen vertieft.

Der sozialwissenschaftliche Teil wendet einen Mixed-methods-Ansatz an. Über Experten:innen- und explorative Familieninterviews vor Ort wird das Themenfeld aufbereitet und in zwei Strängen verfolgt:

  1. Anhand von sechs Fallstudien werden die sozialen Zusammenhänge der Bewohner:innen untersucht. Dabei werden diese ebenso befragt wie Verantwortliche und Funktionsträger:nnen. Leitfadeninterviews, teilnehmende Beobachtung, soziale Kartierungen und Dokumentenanalysen kommen zum Einsatz.
  2. Mithilfe einer standardisierten Online-Befragung von ca. 50 Projekten auf der Projekt- sowie der Haushaltsebene wird das Wissen über gemeinschaftliche Wohnformen auf eine breitere Basis gestellt.

Stand

Abgeschlossenes Projekt 04/2019 — 05/2021

Kurzzusammenfassung

Familien in gemeinschaftlichen Wohnformen

Im vorliegenden Forschungsbericht wird der Fokus auf „Familien in gemeinschaftlichen Wohnformen“ gerichtet. Obwohl Familien die wesentliche soziale Gruppe in den Wohnprojekten darstellen, wurden deren spezifische Bedürfnisse und Potentiale bisher nicht hinreichend gewürdigt.
Familienwohnen – zumal in gemeinschaftlich strukturierten Kontexten – ist gleichermaßen ein bauliches wie soziales Konzept. Aus diesem Grund forschten zwei Forschungsteams der Hochschule Karlsruhe und des Deutschen Jugendinstituts unter einer raum- und einer sozialwissenschaftlichen Perspektive und auf der Basis vielfältiger methodischer Zugänge. Die Ergebnisse wurden im Resümee und in einem Praxisleitfaden zusammengeführt.
Soziale Nähe lässt im Kontext gemeinschaftlichen Wohnens generationen- und lebensform-übergreifende Netzwerke der Unterstützung und Fürsorge entstehen. Die vielfach belasteten Familien erfahren durch das gemeinschaftliche Fürsorgenetzwerk Erleichterungen. Derartige Bezüge, die individuell strukturiert sind, werden nicht selten von den Bewohner:innen als familienähnliche Netzwerke und Erweiterungen der Kernfamilie wahrgenommen. Gemeinschaftliche Sorgestrukturen und Teilhabemöglichkeiten vermögen es, intra- und intergenerationale Netzwerke zu bilden, die Familien auch im Spannungsfeld zwischen Erwerbstätigkeit und Familienleben entlasten und im Hinblick auf das Aufwachsen der Kinder und Jugendlichen bereichern können und darüber hinaus für Senior:innen zu einem selbstbestimmten Leben im Alter beitragen.
Gemeinschaftliches Wohnen ist heute letztlich eine räumliche wie soziale Antwort auf sich verändernde Familienstrukturen. Für das Familienwohnen in Gemeinschaften muss ein erweiterter Wohnbegriff angewandt werden, da sich der Wohnalltag in der privaten Kernwohnung, aber auch im Wohnprojekt entfaltet. Die Forschung zeigt, dass sich im Familienwohnen neue Strukturen in den Grundrissen herausbilden und adaptive Raumoptionen verfolgt werden. „Dazwischenräume“, also Räume zwischen dem privaten Wohnraum und dem öffentlichen Raum, gewinnen als Spiel- und Kommunikationszonen deutlich an Bedeutung, den erweiterten Erschließungsräumen fällt in diesem Kontext eine Schlüsselrolle zu. Familienwohnen in gemeinschaftlichen Wohnprojekten, führt, gerade wegen der fortlaufend sich ändernden Nutzungsanforderungen, zu spannenden sozialen wie räumlichen Adaptionsleistungen. Insbesondere die Lebenslaufperspektive zeigt, dass diese Wohnformen auf biografische Ereignisse und Übergänge angemessen sozial und räumlich reagieren können. Besonders bei Trennungsereignissen, wie auch im Übergang von der aktiven Familienphase zur Empty-nest-Phase, sind die Adaptionspotenziale gemeinschaftlicher Wohnformen enorm.
Familien im gemeinschaftlichen Wohnen spiegeln inzwischen die ganze Breite und Vielfalt von Lebens- und Wohnformen wider. Um der sozialen Vielfalt und sozialen Adaptionsfähigkeit gerecht zu werden, ist die Schaffung eines breiten und differenzierten Angebotes an unterschiedlichen Wohnungstypen erforderlich.
Da differenzierte Gemeinschaften vielfältige Räume brauchen, findet vermehrt eine Öffnung zum Quartier oder Dorf statt. Durch die gemeinwohlorientierten Initiativen werden gemeinschaftliche Wohnprojekte häufig zu wichtigen Impulsgebern einer sozialkooperativen und lebendigen Quartiersentwicklung. Die Studie hat auch gezeigt, dass das Gelingen des sozialen Miteinanders kein Selbstläufer ist. Die für das jeweilige Projekt angemessene Form der Kultivierung des Gemeinwesens sowie Möglichkeiten der Selbstorganisation oder Mitgestaltung sind eine wesentliche Voraussetzung für die Entfaltung sozialer Unterstützungs- und wohnräumlicher Anpassungspotenziale. Die reichhaltigen Befunde zeigen die vielfältigen Dimensionen des Mehrwerts auf, die gemeinschaftliches Wohnen für Familien sowie gesamtgesellschaftlich erbringen kann.  

Kontakt

Hochschule Karlsruhe
Prof. Susanne Dürr

Tel.: +49 (0)721 925-2782
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Kontakt

Büro urbi_et Tübingen
Dr. Gerd Kuhn

Tel.: +49 (0)179 4573491
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Kontakt

Deutsches Jugendinstitut München
Dr. Martina Heitkötter
 
Tel.: +49 (0)89 62306-408
heitkoetterspam prevention@dji.de

Spielende Kinder im Hof des „Hagmann Areals“, Winterthur, Stadtkreis Seen, 2019

Direkt zur HKA-Presseinformation "Ein Zuhause für alle Lebenslagen"

Ergebnisse einer Studie der Hochschule Karlsruhe und des Deutschen Jugendinstituts zu gemeinschaftlichen Wohnformen für Familien

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Weitere Informationen

Weitere Informationen über das Projekt FageWo finden Sie unter www.dji.de/fagewo

Das Projekt wird gefördert von: