Stiftungsprofessuren
HKA besetzt zum Sommersemester zwei Stiftungsprofessuren für wichtige Zukunftsfelder: Radverkehr und Wärmepumpen
Dr. Claudia Hille übernimmt die Radverkehrsprofessur in Baden-Württemberg und Prof. Dr.-Ing. Constanze Bongs ist neu berufene Stiftungsprofessorin für Wärmepumpen an der HKA
8. März 2024
Seit 1. März 2024 hat die Hochschule Karlsruhe (Die HKA) eine Professorin für Radverkehr mit Schwerpunkt auf die sozialwissenschaftliche Mobilitätsforschung. Die Sozialwissenschaftlerin Dr. Claudia Hille hat den Ruf an die HKA angenommen und wird künftig in den Studiengängen Verkehrssystemmanagement sowie Mobilitätsmanagement im Themenfeld nachhaltige Mobilitätssysteme schwerpunktmäßig die Förderung des Radverkehrs als Verkehrsmittel für den Alltag lehren und forschen. Die Stiftungsprofessur Radverkehr wird vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) bis 2027 mit insgesamt etwa 1,7 Mio. Euro gefördert.
Claudia Hille studierte Soziologie an der Universität Leipzig sowie am Collegium Civitas in Warschau/Polen. 2021 promovierte die gebürtige Zittauerin am Institut für Humangeographie der Goethe-Universität Frankfurt a. M. über das Thema „Zwischen hier und dort – Die Auswirkungen berufsbedingter residenzieller Multilokalität“. In der Arbeit identifiziert sie Bewältigungsstrategien für das berufliche Pendeln zwischen zwei Wohnsitzen und zeigt auf, welche spezifischen Mobilitätskompetenzen Fernpendler:innen im Laufe der Zeit entwickeln.
Zwischen 2013 und 2022 arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut Verkehr und Raum der Fachhochschule Erfurt, ab 2019 auch in der Funktion der Geschäftsführerin. Zuletzt leitete Claudia Hille dort das vom BMDV im Rahmen der Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans geförderte Forschungsvorhaben „ALADIN – Abstellanlagen für Lastenfahrräder in Nachbarschaften“. Ihr Forschungsinteresse gilt darüber hinaus dem Zusammenhang zwischen Mobilität und sozialer Teilhabe; so leitete sie unter anderem eine Befragung von über 1.100 Personen zu den Teilhabe-Effekten des 9-Euro-Tickets auf einkommensschwache Haushalte.
Sie ist Mitinhaberin des Erfurter Beratungsbüros „Verkehrspolitik und Raumplanung“ und hatte zudem in der Vergangenheit diverse Lehraufträge im Themenfeld nachhaltige Mobilität an verschiedenen Hochschulen inne. Ihr primäres Forschungsinteresse ist die Gestaltung nachhaltiger Mobilitätssysteme und hier schwerpunktmäßig die Förderung des Radverkehrs als Verkehrsmittel für den Alltag. Zudem beschäftigt sie sich in ihrer Forschung immer wieder mit der Erklärung alltäglicher Mobilität aus handlungstheoretischer Perspektive.
Bei der Ausgestaltung der Stiftungsprofessur für Radverkehr an der HKA wird sie die Perspektive der sozialwissenschaftlichen Mobilitätsforschung einnehmen. Claudia Hille plant hierfür den Aufbau einer eigenen, interdisziplinären Forschungsgruppe, die das Radfahren im Alltag ganzheitlich betrachtet. „Um die Mobilitätskultur langfristig zu verändern, ist es notwendig, diese im Ganzen zu betrachten“, erklärt die Verkehrsexpertin. „In einem nachhaltigen Verkehrssystem nimmt der Radverkehr eine zentrale Rolle ein und ist somit wichtiger Bestandteil bei der Mobilitätswende – das wollen wir den Studierenden vermitteln und sie damit fit für die wachsenden Herausforderungen der Zukunft machen. Neben infrastrukturellen Fragen der Planungspraxis und der gebauten Umwelt werde ich gleichsam auch weitere Rahmenbedingen wie die politische Kultur und die sozioökonomische Lage vor Ort sowie die Bedeutung vorherrschender Lebensstile und Milieus in den Fokus von Forschung und Lehre rücken.“
Über die Stiftungsprofessuren Radverkehr
Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) fördert mit einem Volumen von 11,6 Millionen Euro an sieben Hochschulen Professuren für den Radverkehr. Mit den Stiftungsprofessuren etabliert und stärkt das BMDV die interdisziplinäre Forschung und Lehre im Bereich Radverkehr und nachhaltige Mobilität. Die Professuren forschen zu wichtigen Radverkehrsthemen, darunter Verkehrsplanung, Verkehrssicherheit und Logistik. An den eingerichteten Lehrstühlen werden neue Technologien erprobt, starke Kooperationsnetzwerke etabliert und die neuesten Erkenntnisse zum Thema direkt in die Ausbildung des künftigen Fachpersonals integriert. Außer der Hochschule Karlsruhe erhielten die Bergische Universität Wuppertal, die Frankfurt University of Applied Sciences, die Hochschule RheinMain, die Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, die Technische Hochschule Wildau sowie die Universität Kassel eine Förderung.
Prof. Dr.-Ing. Constanze Bongs ist neu berufene Stiftungsprofessorin für Wärmepumpen an der HKA
Zur Erreichung von Klimaschutzzielen im Gebäudesektor ist insbesondere in der Wärmeversorgung ein Paradigmenwechsel notwendig. Zentrale Transformationsaufgabe ist hier die Abkehr von der Verbrennung fossiler Energieträger hin zum vermehrten Einsatz erneuerbarer Energien durch die Nutzung von Wärmepumpen in Neubau und Bestand sowie die Dekarbonisierung und der Ausbau von Fernwärmenetzen. Zu Jahresbeginn ist das novellierte Gebäudeenergiegesetz (GEG) in Kraft getreten. Es schreibt Regelungen für den Einsatz erneuerbarer Energien beim Einbau neuer Heizungen im Neubau sowie in bestehenden Gebäuden vor. Diese werden dazu führen, dass der Einsatz von Wärmepumpen auch in Bestandsgebäuden weiter zunimmt. Um die damit verbundenen Herausforderungen besser zu verstehen und Lösungen zu entwickeln, benötigt Deutschland entsprechend ausgebildete Ingenieurinnen und Ingenieure.
Um diesem Bedarf gerecht zu werden, wurde an der Hochschule Karlsruhe (Die HKA) mithilfe namhafter Unternehmen eine Stiftungsprofessur eingerichtet, die zum aktuellen Sommersemester 2024 mit Prof. Dr.-Ing. Constanze Bongs besetzt werden konnte. Sie ist die erste Wärmepumpenprofessorin in Deutschland und hat ihre Tätigkeit an der HKA ebenfalls zum 1. März aufgenommen. Die Stiftungsprofessur Wärmepumpen wird zu jeweils gleichen Teilen von den Unternehmen ait-group, Bosch Thermotechnik, Danfoss Climate Solutions, Stiebel Eltron Gruppe und der Vaillant Group finanziert. Zusätzliche Mittel sind über die Valerius-Füner-Stiftung von der Bruno Kümmerle Stiftung gespendet worden
Constanze Bongs studierte von 2000 bis 2007 Wirtschaftsingenieurwesen an der Technischen Universität Berlin sowie an der LUISS Guido Carli in Rom (deutsch: Freie Internationale Universität für Soziale Studien) und beschäftigte sich schon damals schwerpunktmäßig mit den Themenbereichen Energie- und Rohstoffwirtschaft und Energietechnik. In ihrer Promotion im Themenfeld der Gebäudetechnik entwickelte und charakterisierte sie am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg neuartige sorptiv beschichtete Wärmeübertrager, die mithilfe des Einsatzes regenerativer Energie wie z. B. Solarwärme Luft entfeuchten können. Die durch ein Vollstipendium der Reiner Lemoine Stiftung geförderte Promotion mit dem Titel „Experimentelle und mathematisch-numerische Untersuchung von verdunstungsgekühlten, sorptiv beschichteten Wärmeübertragern für die Luftentfeuchtung und -kühlung“ schloss sie im Jahr 2013 an der TU Berlin ab.
Nach ihrer Promotion war sie weiter am Fraunhofer ISE tätig - zunächst als Projektleiterin und von 2015 bis 2023 als Gruppenleiterin, zuletzt für die Gruppe „Gebäudesystemtechnik“. Hier war sie in zahlreichen nationalen und internationalen Projekten zum Einsatz energieeffizienter und erneuerbarer Gebäudetechnik aktiv. Am Fraunhofer ISE baute sie auch ihren Forschungsschwerpunkt zum Einsatz von Wärmepumpen in Bestandsgebäuden, insbesondere im Mehrfamilienhausbestand, auf. Vor ihrer Berufung an die HKA war sie von April 2023 bis Februar 2024 als Professorin für Heiztechnik an der Berliner Hochschule für Technik tätig.
Den Startpunkt für ihren Schwerpunkt in der Wärmepumpentechnologie legte sie im EU-Projekt Heat4U, in welchem sie die Charakterisierung, den Feldtest sowie die Systemsimulation von Gas-Absorptionswärmepumpen verantwortete. Ihr aktueller Forschungsschwerpunkt liegt in der Entwicklung und Demonstration von Wärmepumpensystemtechnik in Bestandsgebäuden, zuletzt im Rahmen der Projektfamilie LowEx im Bestand während ihrer Tätigkeit am Fraunhofer ISE. Gerade in größeren Bestandsgebäuden ist der Einsatz von Wärmepumpen noch stark unterrepräsentiert und es besteht weiter Forschungs- und Entwicklungsbedarf für Lösungsansätze z. B. für den Austausch dezentraler Versorgungslösungen (Gasetagenheizung). Ferner herrscht Unsicherheit in der Planungspraxis bei der Umsetzung komplexerer Systemlösungen und dem Einsatz von Wärmepumpen im urbanen Raum. In der Ausgestaltung ihrer Professur wird Prof. Dr.-Ing. Constanze Bongs hier ansetzen und die integrale Betrachtung von Gebäude und erneuerbarer Wärmeversorgung in den Vordergrund stellen.