Hochschule Karlsruhe Hochschule Karlsruhe - University of Applied Sciences
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Effiziente Nutzung von Biomasse zur schadstoffarmen Erzeugung erneuerbarer Energie und biotechnologischer Wertstoffe

Ausgangslage

Das Projekt EBIPREP wird von einer interdisziplinären Forschergruppe durchgeführt. Das Ziel ist es, neue Lösungen für die Nutzungswege von Holzhackschnitzeln und den bei der mechanischen Trocknung anfallenden Holzpresssaft zu entwickeln. Neben der Hackschnitzelvergasung und der katalytischen Reinigung des Holzgases steht die Nutzung des Holzpresssafts in Biogasanlagen und bei der biotechnologischen Wertstofferzeugung, z.B. bei der Enzymherstellung, im Vordergrund. 

Projektziel

Kernstück des Projekts sind die Produkte der mechanischen Holzentwässerung, die Holzhackschnitzel und der Holzpresssaft. Beim Pressvorgang fallen pro Tonne Frischholz 200 – 250 Liter Pressswasser an, welches wertvolle Minerale und Nährstoffe enthält. Bislang musste der Holzpresssaft kostenpflichtig als Indirekteinleiter entsorgt werden. 
In diesem Projekt soll der Holzpresssaft im Biofermenter als mineralstoffreiches Substrat eingesetzt und zu Backhefen oder Enzymen als exemplarische Bioprodukte umgesetzt werden.

Methodik

Biofermentationsprozess 
Die biotechnologische Produktion von Wertstoffen ist für den komplizierten Aufbau der Bioprodukte häufig alternativlos. Das gilt besonders für die großtechnische Produktion von Enzymen oder für die Backhefeproduktion. Im Labor werden häufig Mineralsalzmedien zur Kultivierung von Mikroorganismen verwendet, um reproduzierbare Ergebnisse zu erzielen. In der Produktion ist dies zu kostspielig. Hier kommen zumeist sogenannte Komplexmedien zum Einsatz. Diese können sich aus verschiedenen Naturprodukten wie Malzextrakt, Hefeextrakt, Pepton oder Melasse zusammensetzen. 
Diese Bestandteile verfügen zumeist über eine ausreichende Menge an Nährstoffen, die zum Wachstum der Mikroorganismen notwendig sind. Die zunehmende Verwertung der Komplexmedienbestandteile im industriellen Maßstab ist aber auch mit höheren Kosten der Bestandteile verbunden. Deshalb könnte der Einsatz von Holzpresssaft als Kulturmedienbestandteil eine sinnvolle Verwertungsmöglichkeit sein und den biotechnologischen Produktionsprozess technologisch und ökonomisch verbessern.

Biogasprozess
Alternativ lässt sich der Holzpresssaft mit einem Abfallstoff aus der Lebensmittelindustrie in einem Biogasreaktor zu Biogas umwandeln. Durch die Verwertung von zuckerhaltigen Lebensmittelreststoffen in Biogasanlagen kann es bei einer hohen Konzentration an einfachen Zuckern zu einer schnellen Versäuerung im Biogasreaktor kommen und der Biogasprozess wird geschädigt. Durch die Beimischung von biologisch schwerer abbaubaren Substraten wird die schnelle Säurebildung verzögert und der Biogasprozess stabilisiert. Für den Holzpresssaft als Substrat wird dies überprüft. 
Außerdem fehlen den Abwässern häufig wichtige Nährstoffe, um eine vollständige Methanisierung des Kohlenstoffs zu erzielen. Durch die Beimischung des mineralstoffreichen Holzpresssafts könnte auch in diesem Fall eine Erhöhung der Biogasausbeute erzielt werden.

Um einen vollständigen Abbau der Lebensmittelreststoffe zu realisieren, müsste das Substrat sehr lange (üblich sind 45 bis 70 Tage) im Fermenter bleiben und damit auch mit entsprechenden Behältergrößen gerechnet werden. Eigene Versuche zeigen, dass bei den meisten Biogassubstraten ca. 80 % des Biogases in den ersten 3-4 Tagen produziert wird. Der vollständige Umsatz des zur Verfügung stehenden Kohlenstoffs dauert wesentlich länger (meist mehr als 30 Tage). Deshalb muss in diesem Projekt  geprüft werden, wann es ökonomisch und technisch sinnvoll ist, den Biogasprozess vorzeitig abzubrechen. Nicht umgesetzte, schwer abbaubare Inhaltsstoffe könnten dann als Biogasreststoffe wesentlich wirtschaftlicher im Holzvergaser zu Synthesegas gewandelt werden. Dann könnten die Biogasbehälter wesentlich kleiner dimensioniert werden.

Vergasungsprozess
Bei der Vergasung wird Holz unter Zugabe von Luft zu einem brennbaren Synthesegas mit den nützlichen Bestandteilen Kohlenmonoxid, Wasserstoff, Methan und den Inertgasen Kohlendioxid und Stickstoff umgesetzt. Um einen störungsfreien Betrieb des Vergasers zu gewährleisten, muss der Brennstoff  Voraussetzungen erfüllen:
- Der Hohlraum der Brennstoffschüttung muss auf die Oberfläche der Holzstücke angepasst sein, gute Ergebnisse werden mit Kantenlängen zwischen 20 und 80 mm erzielt. 
- Die sich bildende Holzkohle muss stabil sein, damit die Hohlräume zwischen den Brennstoffstücken für den Gasdurchfluss offen bleiben.
- Die Holzfeuchte muss begrenzt werden, damit der Heizwert die in der Vergasung optimalen Temperatur (mindestens 1200 °C) erreicht.

Im Gesamtprozess nimmt der Holzvergaser eine zentrale Stellung ein. Alle Reststoffe, die entweder nicht mehr biologisch verwertbar sind (Fermentationsreststoffe) oder eine Verwertung nicht wirtschaftlich ist (Biogasreststoffe), werden mit den Holzhackschnitzeln thermisch in Synthesegas überführt. Diese intelligente Nutzung der Biomasse führt zu einer zusätzlichen, energetischen Nutzung bisheriger Abfallstoffe.

Katalytische Reinigung des Holzgases
Die katalytische Reinigung des Synthesegases ist wichtig bei der schadstoffarmen Verwertung von Biomasse. In Holzvergasern verursacht auskondensierender Teer in der nachfolgenden Gasnutzung Probleme wie verstopfte Rohrleitungen, verklebte Sensoren oder beschädigte Verbrennungsmotoren. Es existieren zwar verschiedene Katalysatoren, um Teer zu reformieren, aber die hohen Anforderungen in Verbindung mit einem marktfähigen Preis sind zurzeit nicht realisiert. Aus diesem Grund ist die Entwicklung und Erprobung von neuen Katalysatormaterialien Gegenstand dieses Projekts.

Die Bedeutung der sensorbasierten Analysetechnik 
Der Gesamtprozess kann nur optimiert und die einzelnen Teilprozesse miteinander kombiniert werden, wenn auf Änderungen der jeweiligen Prozesswerte verlässlich und schnell reagiert wird. Bei Biogasreaktoren ist es wichtig, den aktuellen „Säurestatus“ im Reaktor zu kennen. Durch die Information von Art und Menge z.B. von Essigsäure, Buttersäure oder Propionsäure lassen sich Rückschlüsse auf den mikrobiellen Zustand im Biogasreaktor ziehen. Sie könnten dann von Anwender genutzt werden, die Fütterrate des Biogasreaktors anzupassen. 
Für diesen Zweck soll eine neuartige, membranbasierte Trägergassonde verbunden mit einem thermozyklisch betriebenen Metalloxid-Sensorray, erstmals entwickelt werden. 

Im Bereich des Holzvergasers führt eine wechselnde Zusammensetzung des Biomasseguts zu Prozessschwankungen. Diese können zu einer Erhöhung der Teerkonzentration im Synthesegas führen. Durch eine Online-Bestimmung des Teergehalts im Synthesegas könnte auf diese Schwankungen regeltechnisch eingegangen werden. Ein neuartiges Sensorsystem wird entwickelt, um die Analyse von Teer in Gegenwart von hohen Konzentrationen oxidierbarer Gaskomponenten kontinuierlich zu messen.

Die Analyse der Umweltbelastung
Ein dauerhafter Einsatz und die gleichbleibende Funktionalität dieser neu zu entwickelnden Katalysatoren setzen die Kenntnisse der Inhaltsstoffe im Rohsynthesegas voraus. Die enthaltenen Partikel und Gasbestandteile müssen erfasst werden, um die Katalysatoren vor Überlastung und Vergiftung zu schützen. Zur Verstromung der beiden Produktgase in BHKWs müssen die Gase Reinheits- und Qualitätsanforderungen erfüllen, die durch eine katalytische Behandlung erreicht werden können. Auch an dieser Stelle ist eine entsprechende Partikel- und Gasmesstechnik zu etablieren.

Mehr unter https://www.ebiprep.eu/

 

Projektkonsortium

Förderung

EBIPREP wurde gefördert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und ist zudem ein INTERREG-Projekt.

Projektkennung

EBIPREP - Efficient Use of Biomass for low Emission Production of Renewable Energy and biotechnological valuable Products

Projektlaufzeit: Mai 2017 – Okt. 2020

ISIS-Beitrag:

  • Entwicklung eines neuartigen Sensorsystems zur in-situ Analyse von flüchtigen organischen Säuren (Essigsäure, Propionsäure, …) während des Biofermentationsprozesses mittels eines Metalloxid-Gassensor-Arrays.
  • Entwicklung eines neuartigen Gassensorsystems zum in-situ Monitoring von Teer im Synthesegas aus Holzvergasungsprozessen

Ansprechpartner am ISIS: Prof. Dr. Heinz Kohler