Neues Großprojekt „SuLaMo“ : Nachhaltiges Landmanagement am Beispiel Marokko
Das internationale Forschungsprojekt mit einem Förderbudget von 2 Mio. Euro wird von Prof. Dr.-Ing. Jan Hoinkis von der Hochschule Karlsruhe koordiniert und ist ein Musterbeispiel für ökologische Ökonomik im Sinne echter Nachhaltigkeit
22. März 2022
Marokko ist, wie auch andere mediterrane Länder, erheblich vom Klimawandel betroffen und leidet unter starker Wasserknappheit, sodass zukünftig die bisherigen Süßwasserquellen wie Grundwasser und Oberflächenwasser nicht ausreichen, um seinen Bewässerungsbedarf in der Landwirtschaft zu decken.
„Daher müssen zukünftig neben wassersparenden Bewässerungstechnologien auch nichtkonventionelle Wasserquellen wie Brack- und Meerwasser genutzt werden. Die Verwendung von Brackwasser zur Bewässerung erfordert jedoch die Anwendung neuartiger, energiesparender und kostengünstiger Entsalzungstechnologien sowie Langzeitstudien zu einer effizienten sensorbasierten Bewässerung, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden können“, erläutert Prof. Dr.-Ing. Jan Hoinkis, Professor der Hochschule Karlsruhe für Wassertechnologie an der Fakultät für Elektro- und Informationstechnik und stellvertretender Sprecher des Instituts für Sensor- und Informationssysteme der HKA.
Das neue Forschungsprojekt trägt den Titel „Neue Lösungsansätze zur Stärkung der Landwirtschaft unter ariden und semi-ariden Bedingungen als wichtiger Beitrag für nachhaltiges Landmanagement, am Beispiel Marokkos (SuLaMo)“.
Das Projekt wird von Prof. Hoinkis koordiniert und in Zusammenarbeit mit der Universität Kassel, der Humboldt-Universität zu Berlin, der Firma UGT Müncheberg, dem Ingenieurbüro Irriproject, Potsdam und dem Ingenieurbüro Roth&Partner, Karlsruhe durchgeführt. Außerdem wird das Projekt von folgenden marokkanischen Hochschulen, Forschungsinstituten und Regionalen Organisationen unterstützt: der Ecole Nationale d’Ágriculture de Meknes, dem Institut National de la Recherche Agronomique, der Universite Moulay Ismail, der Association Oasis Ferkla pour l’Environment et le Patrimoine in Errachidia sowie dem Office Regional de Mise en Valeur Agricole in Ouarzazate.
Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Client II-Verbund mit einem gesamten Budget von rund 2 Mio. Euro gefördert.
Das Projekt adressiert insbesondere die Verbesserung der Pflanzenproduktivität durch neuartige, wassersparende Boden- und Bewässerungstechniken wie Mulchen und unterirdische Tropfbewässerung sowie eine autonome Energieversorgung mittels Photovoltaik für die Entsalzungs- und Bewässerungsprozesse. Die technologische Innovation des Projekts ist unter anderem der Einsatz einer neuartigen Entsalzungstechnologie, der „Capacitive Deionisiation (CDI)“, im Pilotmaßstab, und die Verwendung von intelligenten Echtzeit-Sensorsystemen zur Systemüberwachung. Dabei bildet die Sensorik die Grundlange für die Entwicklung eines Bewässerungsmodells für eine wassersparende, automatisierte Landwirtschaft, angepasst an den nordafrikanischen Raum. Die unterirdische Tropfbewässerung ist eine Alternative zur herkömmlichen Tropfbewässerung, da der Wasserverlust durch Verdunstung erheblich geringer ist.
„Diese Methode transportiert das Wasser direkt zu den Wurzeln, ist daher sehr wassersparend und eignet sich besonders für trockene und windige Standorte, wie etwa in Marokko oder anderen Ländern in Nordafrika“, ergänzt Prof. Hoinkis. Diese Technologie bietet auch weitere Vorteile beim Vorliegen trockener Bodenoberflächen, etwa für eine verbesserte Unkrautbekämpfung und Pflanzengesundheit sowie den Schutz von Tropfleitungen vor Schäden durch Bewirtschaftungsmaßnahmen. Ein wesentlicher Aspekt des Projekts ist die Kombination der unterirdischen Tropfbewässerung mit einem Echtzeit-Monitoring des Bodenwasserhaushalts, des Brunnenwasserspiegels und der Wetterdaten, um die Bewässerung zu optimieren.
Zur Wasseraufbereitung eingesetzt wird ein mittlerweile erfolgreich von der Forschungsgruppe um Prof. Hoinkis in Marokko erprobtes elektrochemisches Entsalzungsverfahren „Membrane Capacitive Deionisation (MCDI)“. In diesem Verfahren werden mittels poröser Kohlenstoffelektroden Salzionen adsorbiert und dadurch dem Wasser entzogen. Meist werden zusätzlich Ionenaustauscher-Membranen, dünnflächige Barrieren aus Polymeren, die nur für bestimmte Ionen durchlässig sind, an den Elektroden angebracht, um die Effizienz des Verfahrens zur erhöhen. Ein wesentlicher Vorteil der MCDI ist die geringere spezifische Energie zur Entsalzung gegenüber dem bisherigen Stand der Technik, wie etwa der Umkehrosmose. Neben dem geringen Energiebedarf hat die MCDI den Vorteil, dass durch Anpassung der Betriebsparameter (Spannung, Stromstärke) der Entsalzungsgrad über einen weiten Bereich angepasst werden kann, sodass optimale Bedingungen für Pflanzen mit unterschiedlicher Salzresistenz geschaffen werden können. Allerdings ist die MCDI bisher nur im Bereich einer Salzkonzentration von bis zu 5 g/l einsetzbar.
Das Kick-Off-Meeting zum offiziellen Projektstart mit den deutschen Projektpartnern und Vertretern des Projektträgers DLR-PT aus Bonn fand am 22. Februar 2022 an der Hochschule Karlsruhe statt.